Vom Wachsaal in die Gemeinde  - 45 Jahre deutsche Psychiatrie - na und?

Vom Wachsaal in die Gemeinde - 45 Jahre deutsche Psychiatrie - na und?

Impuls Identität Innovation

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In dieser Episode geht es eher um das Ganze der Psychiatrie. Grundhaltungen, Paradigmen, Strukturen, Modelle und eine Einschätzung durch welche modernen Entwicklungen die Psychiatrie in den nächsten Jahrzehnten geprägt werden kann. Dazu gibt es diesmal einige unterschiedliche Stimmen zu hören.

Bis hinein in Bernd's Musikteil, der diesmal die laute Stimme einer Künstlerin vorstellt mit einer ebenso deutlichen Aussage.

Zufall Erkenntnis Alternative

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Im Gespräch mit Volkmar Aderhold über die Psychiatrie der Gegenwart und mögliche Formen in der Zukunft. Die Bedeutung von Psychiatrie Erfahrenen (Peers) und welche Bedeutung die Politik bei wirklichen Veränderungen spielen kann.

Begegnung Begehren Beziehung

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Heute im Gespräch mit Klaus Marschall, der als Sozialarbeiter Gemeindepsychiatrie in einem stolzen Kölner Viertel aufbaute und weiterentwickelt hat. Er erzählt unterm Pflaumenbaum sitzend von seinen ersten Begegnungen in der Uniklinikpsychiatrie, seinen Wohnheimerfahrungen und schließlich erläutert er kenntnisreich den Aufbau eines Sozialpsychiatrischen Zentrums. Das Gespräch gibt einen tiefen Einblick in die Tücken, Schwierigkeiten und Erfolge, die ein solches Unternehmen mit sich bringt, von Politik und Gesellschaft, die dabei eine wichtige Rolle spielen und warum er in seinem nächsten Leben lieber in die Sportbranche wechseln würde.

Bernd knüpft in seinem Beitrag und auch in dem von ihm ausgewählten Song direkt an das Pflaumenbaumgespräch an.

Ein neues Kapitel

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Erst die Drucksache 8/2565 des Deutschen Bundestages brachte gehörig Schwung und Dynamik in die psychiatrische Landschaft. Hinter dieser Drucksache verbirgt sich die „Stellungnahme der Bundesregierung zum Bericht der Sachverständigenkommission über die Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland – Zur psychiatrischen und psychotherapeutisch/ psychosomatischen Versorgung der Bevölkerung – unter Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen Veränderungen - Drucksachen 7/4200, 7/4201.“ Von 1970 bis 1975 hat die „Psychiatrie Enquête - Kommission“ akribisch auf über 1600 Seiten aufgelistet welche skandalösen Zustände in der deutschen Psychiatrie herrschen und wie Abhilfe geschaffen werden kann. Das war die Geburtsstunde der Gemeindepsychiatrie in Deutschland.
Um eine Idee davon zu bekommen, welche Art von konkreten Einrichtungen denn in den Modellregionen damals errichtet und gefördert wurden, beschreibe ich diese einfach mal eher laienhaft. Die Bausteine der ambulanten allgemeinpsychiatrischen Versorgung sind demnach der Sozialpsychiatrische Dienst, Kontaktstellen und Tagesstätten, beschützte Wohnangebote als Einzelwohnen, Wohngemeinschaften, Wohngruppen und Wohn- und Übergangsheime.
Niedergelassene Psychiater, Institutsambulanzen (besondere Formen von Psychiatrischen Klinikambulanzen), Tageskliniken und auch psychiatrische Kliniken und Abteilungen an Allgemeinkrankenhäusern gehören auch zu den Bausteinen der allgemeinen Versorgung.

Musikteil:
P.J. Harvey The Words That Maketh Murder

Auf der Mauer auf der Lauer

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Die Weiterentwicklung der Kliniken fand und findet überwiegend innerhalb der alten und neuen Klinikmauern statt und der Blick nach draußen ins Alltagsleben, findet so gut wie nicht statt. Ein gezieltes und strukturiertes Entlassungsmanagement, wie es sogar gesetzlich im Sozialgesetzbuch (SGB V) vorgeschrieben ist, wird nicht vorgenommen. Es reduziert sich auf Arztbriefe an den behandelnden niedergelassenen Arzt/ Ärztin.

Schließlich gaben im November 1988 die „Empfehlungen der Expertenkommission der Bundesregierung zur Reform der Versorgung im psychiatrischen und psychotherapeutisch/ psychosomatischen Bereich auf der Grundlage des Modellprogramms Psychiatrie der Bundesregierung“ (so der genaue Titel) neben anderen wichtigen Empfehlungen die entscheidenden Impulse zu einem strukturierten „Aufbau eines gemeindepsychiatrischen Verbundes als Fundament allgemeinpsychiatrischer ambulanter Versorgung“ vor Ort in den Gemeinden.

Einen kleinen Auszug aus einem Interview mit einer Grand Dame der Angehörigenbewegung in Köln aus einem Dokumentarfilm anlässlich ihres Todes.

Im Musikteil heute stellt Bernd einen, den einflussreichsten Musiker der Rockmusik vor. Zu Beginn seiner Karriere bewegte er sich im Umfeld Andy Wahrhols in der New Yorker Factory. Wahrhol brachte ihn auch mit der Sängerin Nico zusammen, die auf der ersten Platte von Velvet Underground drei Lieder sang.

Albtraum Traum Wirklichkeit

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Eine Analogie zwischen individuellen psychischen Krisen und der aktuellen gesellschaftlichen "Virus-Krise" gleich zu Beginn.

Im zweiten Teil des Gesprächs mit den Genesungsbegleiter*innen Doris und Ulf, geht es um ihre Vorstellungen von einer anderen, besseren Psychiatrie und über die Bedeutung von Musik in ihrem Leben.

Der neue Autor des Musikteils heißt Bernd Nigbur und er stellt uns gleich in seinem ersten Beitrag eines seiner Lieblingsstücke vor. Ihr werdet hören wie versiert und präzise er dabei vorgeht.
Zu seinem Protagonisten in dieser Episode sagt Bernd: "Bevor er seinen Job zugunsten der Karriere als Musiker aufgab, war er in einer Arbeitsvermittlungsagentur in Manchester tätig gewesen..." Viel Vergnügen!

Aus Erfahrung besser

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Im Mittelpunkt der heutigen Episode steht ein Gespräch mit Doris und Ulf. Beide sind Psychiatrie Erfahrene, Genesungsbegleiter*innen, kritische Betrachter*innen der Psychiatrieszene, die aber mitten im Leben der aktuellen psychiatrischen Versorgung stehen. Sie sind beschäftigt in einer Klinik und in einer gemeindepsychiatrischen Einrichtung als Genesungsbegleiter*in.
Wir reden über die Entwicklung der Psychiatrie-Erfahrenen-Bewegung in Deutschland, über das Projekt „EX-IN“ (ist die englische Abkürzung für Experienced Involvement – Beteiligung Erfahrener). Dahinter steckt die Idee, Psychiatrie-Erfahrene zu bezahlten Fachkräften im psychiatrischen System zu qualifizieren (siehe auch link weiter unten), über die Beziehung zu den Fachleuten in den Einrichtungen, den Kolleg*innen.
Wie viel Augenhöhe leistet sich die heutige Psychiatrie?
Wünsche an eine humane Psychiatrie. Geht es auch ohne Zwangsmaßnahmen? Was gehört sofort abgeschafft?
Wir streifen Medikamente und Psychotherapie.
Welche Rolle spielt Musik für die psychische Stabilität und Genesung?

Und es wird ein zweiter Teil dieses Gesprächs in der nächsten Episode folgen.

Der Musikteil bietet heute eine überraschende Neuigkeit und Christian stellt einen großartigen und sehr sensiblen Künstler vor.

gestern heute morgen

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Sich mit den Gräueltaten der NS Diktatur, also der Ermordung der Jüdinnen und Juden, und der Gruppe von Menschen mit psychischen Erkrankungen, geistigen und körperlichen Behinderungen, der Sinti und Roma und sogenannter "Asoziale" zu beschäftigen, ist schwer auszuhalten. Will man/ frau jedoch die Entwicklung der Psychiatrie in Deutschland nach 1945 bis heute verstehen ist es unausweichlich. Es hilft dabei sensibel und wachsam zu bleiben für die ethischen Fragen, der Machtdynamik und den massiven persönlichen Einschränkungen, die in der Psychiatrie bis heute wirksam und die großen Fragen sind.

Im heutigen Musikteil
Im Oktober letzten Jahres erschien unter dem Titel „(R)evolution“ die Biographie eines britischen Künstlers, der Ende der 70er Jahre der elektronischen Syntie-Pop-Musik die Tür in die Musikgeschichte öffnete.
Das Besondere an dieser etwa 450 Seiten umfassenden Biographie, ...der Künstler hatte sie selbst innerhalb von nur sieben Wochen geschrieben. Möglich gemacht durch die freie Zeit, die der Corona Lockdown im letzten Jahr mit sich gebracht hat.

Therapie, Politik und Rhetorik

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Heute möchte ich noch einiges mehr über meine Arbeit in der Anfangsphase der Tagesklinik in Köln erzählen. Ein wichtiges Element der täglichen Arbeit war die „Stationsversammlung“. Das war ein tägliches, direkt zu Beginn morgens stattfindendes Gruppengespräch. Daran teilgenommen haben alle 14 Patient*innen einer tagesklinischen Einheit, das gesamte Team (1 Ärztin und 1 Arzt, 1 Sozialarbeiter*in, eine Krankenpflegerin und 1 Krankenpfleger, 1 Ergotherapeut*in und 1 Stationshilfe(?). Das war ja auch gleichzeitig das gesamte Team. Die Leitung und Durchführung der Stationsversammlung lag in pflegerischer Verantwortung. Es war ja ein tagesklinischer Betrieb, was bedeutete- alle Patient*innen kamen morgens um 08:30, hatten dann ein konkretes Gruppentherapieprogramm (das werde ich später noch beschreiben) und gingen normalerweise um 17:00 wieder nach Hause. Nur für den Fall, wenn jemand in eine krisenhafte Verfassung geriet, gab es bei Einverständnis die Möglichkeit die Nacht auf der vollstationären Einheit zu verbringen.
Die psychoanalytische Grundhaltung verführte das Team aber auch immer wieder zu Deutungen und Interpretationen, was bei den Patient*innen jedoch oftmals Widerstände und Unsicherheit auslöste. Das war nicht unbedingt falsch, tat aber auch dem Charakter dieser Gruppensitzung nicht immer gut. Aber der ganze Alltag in der Tagesklinik war schon durch diese spezielle, oft deutungslastige Betrachtung geprägt.
Was von Anfang an in der Arbeit, ja schon in der Gründungsphase (ich habe davon auch erzählt) auch immer eine Rolle spielte, war die politische Situation, in der wir uns ganz allgemein befanden. Die aktuellen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen waren in der täglichen Arbeit präsent. War es zu Beginn, die Situation der Sanierung der Kölner Südstadt mit all seinen Facetten der alternativen Kultur und der Verdrängung von alteingesessenen Bürger*innen und damit verbundenen psychischen Belastungen (die wir in der Klinik dann reparieren sollen, anstatt sich politisch auseinanderzusetzen), so waren es jetzt die politischen Auseinandersetzungen und den Widerstand gegen die atomare Aufrüstung in der BRD.
Offener Brief eines Kollegen und die ausführliche Antwort der Betriebsleitung.

Musikteil:
Die Bezeichnung Funny Farm im Text ist eine, im englischen Sprachgebrauch früher übliche Verniedlichung für eine Psychiatrische Klinik bzw. Irrenanstalt.
Einige Ärzte und Institutionen in den USA allerdings fanden den Song gar nicht witzig und waren der Meinung, dass psychische Probleme und Geisteskrankheiten kein Thema von Popsongs sein sollten.
Sie beklagten sich in der Öffentlichkeit, woraufhin große Radiostationen wie z.B. der New Yorker Radiosender WMCA den inzwischen zum Hit gewordenen Song auf den Index setzten, d.h. also ....er wurde nicht mehr gespielt.

Bildung, Ausbildung, Erfahrung

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Von frühen Erfahrungen in zwei Kölner Psychiatrie Kliniken erzählt heute Sonja Schlegel. Ihre Perspektive als angehende Sozialarbeiterin schildert sie sehr eindrücklich. Auseinandersetzung mit erfahrenen Kolleg*innen geht sie ein, um dadurch wichtige Erkenntnisse zu bekommen, die sie mitnimmt für ihre berufliche Sozialisation. Aber auch ungeheuer viel fachliches Verständnis nimmt sie auf, um es auch in Zukunft gut einsetzen zu können.

Über diesen Podcast

Die Entwicklung der deutschen Psychiatrie und teilweise auch der Nachbarländer der letzten 45 Jahre wird subjektiv und kritisch besprochen und bewertet. Gibt es tatsächlich (ausreichend) Respekt und Augenhöhe gegenüber den Menschen mit psychischen Erkrankungen? Was geben die Strukturen des Gesundheits- und Sozialbereichs, in denen Psychiatrie stattfindet her? Welche Chancen und Hindernisse bieten sie? Bereichert mit Interviews von Insidern aus den verschiedensten Perspektiven.
In jeder Folge wird zudem ein Song aus der Rock- und Popgeschichte gespielt und der jeweilige Künstler vorgestellt. Durch die einzelnen Folgen führt Euch Klaus Jansen-Kayser, selber ein langjähriger Akteur und Kenner der Psychiatrie-Szene. Bis zur 13. Episode war Christian Gredig der Autor des jeweiligen Musikteils. Seit der 14. Episode hat Bernd Nigbur diesen Part übernommen.

Das Jingle dieses Podcast wird auf einem Dachsophon gespielt und stammt von dem Kölner Musiker Bernd Keul https://www.youtube.com/watch?v=MdVSw5Ck89o

Das Cover-Bild ist ein Werk der Künstlerin Mageaux, die aus den Südstaaten der USA stammt und seit einigen Jahren in Köln lebt. Der Titel lautet "Cognitive Behavioral Therapy" / Mai 2020 / Acrylfarbe & Sprühfarbe auf gebleichter Leinwand. 100 x 100 cm und zeigt, dass der Genesungsfortschritt nicht immer linear ist.
https://twitter.com/mageauxdesigns https://www.youtube.com/channel/UCCRY4v_BfwqThHoyCCYEFtw/featured

von und mit Klaus Jansen-Kayser

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