Vom Wachsaal in die Gemeinde  - 45 Jahre deutsche Psychiatrie - na und?

Vom Wachsaal in die Gemeinde - 45 Jahre deutsche Psychiatrie - na und?

Das Große, das Kleine und das Ganze

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Anti AKW Bewegung, Großdemonstration gegen den Bau des Kernkraftwerkes Brokdorf, saurer Regen, Wirtschaftskrise, atomare Aufrüstung und Bedrohung in Europa, die Gründung der Partei „Die Grünen“. Die Republik wurde bunter. Anders als in den späten 1960’er und Anfang der 1970’er, in denen es gesellschaftlich und politisch noch eher ums Skandalieren von Missständen und vermisster Gleichheit ging, waren die 1980’er das Jahrzehnt, in dem wir mit einer Menge politischer und gesellschaftlicher Visionen im Gepäck in den Institutionen ankamen, um sie konkret zu verändern.
Bereits im Oktober 1980 begannen wir mit der Aufnahme eines kleinen Ambulanzbetriebes. Eine kleine Gruppe von Fachkolleg*innen hatte bereits jetzt einen Anstellungsvertrag in der Tagesklinik in Köln und die Anstaltspsychiatrie verlassen.

„Depression kann der Sand sein, der die Perle macht…. " Der Satz stammt von einer großartigen Sing- und Songwriterin, und auch wenn sie selbst in einem Interview die Idee selbst psychisch krank zu sein ausdrücklich ablehnt, kannte sie offensichtlich Zeit ihres Lebens melancholische Gemütszustände mit denen sie sich immer wieder ....sowohl im positiven wie auch im negativen ....auseinandersetzen musste.
In der aktuellen „Musikabteilung“ erwartet Euch heute eine großartige Künstlerin, deren Musik und Leben Euch Christian wie gewohnt näher bringt.

Erinnerungen

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Reformen fallen nicht vom Himmel, sondern es gibt immer mehr oder weniger gut erkennbare Entwicklungen dahin ...

Musik ist in unserem Gehirn nicht nur in Bezug auf Emotionen, sondern auch in Bezug auf das Erinnerungsvermögen in besonderer Weise verankert. So reagiert das Gehirn schon bereits nach 100 Millisekunden auf bekannte Songs, und im Vergleich zu anderen Teilen des Gedächtnisses, bleibt das Langzeit-Musikgedächtnis länger intakt und funktionstüchtig. Diese Erkenntnisse sind nicht ganz neu, sind aber in den letzten Jahren durch wissenschaftliche Untersuchungen nachgewiesen worden.

Was ich in diesem podcast versuche zu vermitteln, ist einerseits die Notwendigkeit Geld zu verdienen, um seinen Lebensunterhalt zu sichern, und dadurch allen möglichen Strukturen und deren Zwänge ausgesetzt zu sein.

Einen zweiten Punkt, den ich gerne vermitteln möchte. „Behandlungs“ – und Arbeitsverhältnisse, die ich vorfand, hätten verschiedene Reaktionen auslösen können. Bei mir war es (glücklicherweise) ein tiefes Empfinden von Unrecht und Ungerechtigkeit, auch Empörung und Wut, wieso es solche, zumindest teilweise schlechten Versorgungsbedingungen geben kann. Klar war schnell, hier gehöre ich zur Opposition und ich will mich anderen Kolleg*innen mit kritischem Blick anschließen, um psychisch überleben und etwas verändern zu können.
Angekommen auf dem „Marsch durch die Institutionen“. Angekommen auf die konkrete Erfahrung von Solidarität, die auch betriebspolitisches und gewerkschaftliches Engagement beinhaltet.

Und der dritte Aspekt, den ich gerne vermitteln will, ist der Zustand der Gesellschaft der jeweiligen Zeit, in der man/frau lebt und arbeitet und damit der Zeitpunkt, an dem ich mit meiner persönlichen, biografisch geprägten Haltung (wir waren ja irgendwie auch noch späte Nachkriegskinder) und im Kontext der aktuellen Verhältnisse in Gesellschaft und Politik (für uns hieß das … „mehr Demokratie wagen…“) auf zum Himmel schreiende zutiefst ungerechte Arbeitsverhältnisse stieß, die ja schließlich die Lebens-, Behandlungs- und Versorgungsbedingungen der Anderen, der Patient*innen waren. Aus heutiger Sicht scheint mir wichtig, Teil eines in vielen Bereichen der Gesellschaft begonnenen gravierenden Veränderungsprozesses gewesen zu sein. Das machte stark.

Furchtbarkeit, Fakten, Feststellungen

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In der Zeit der Bestandsaufnahme der Missstände der deutschen Psychiatrie in den frühen 1970'er, hatte sich eine später sehr bekannte Journalistin aufgemacht, der Furchtbarkeit zu begegnen, aber auch ganz andere, positive Haltungen gegenüber Menschen mit psychischen Erkrankungen zu erfahren. Im Gespräch erzählt sie sehr plastisch, was sie erlebt, gesehen und was sie berührt und in mehrfacher Hinsicht mitgenommen hat. Es ist spannend ihre Geschichten zu hören. Sie das ist Carmen Thomas.

Mother come home

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1980 gingen wir raus, um die Psychiatrie in die Gemeinde zu tragen, stießen mit voller Wucht auf Institutionen, Bürokratie, Verwaltung, auf eine ängstliche Öffentlichkeit und dem eigenen hohen Anspruch die Idee eine freiheitliche und demokratische Behandlungs- und Arbeitssituation praktisch umzusetzen. Es war schon in der Planungsphase ein unbeschreibliches Hochgefühl, sich aus dieser Anstalt zu befreien, durch die Umsetzung von Ideen, die Psychiatrie endlich und endgültig für immer so zu ändern, dass ein humaner Ort geschaffen wird. Ein Ort, an dem gleichermaßen die Patient*innen demokratische Be- und Verhandlungsweisen und Lebensbedingungen erhalten werden, die dann diese „neue Psychiatrie“ quasi zu einer „Stätte der Wiedergutmachung“ für all ihr erlittenes Leid und das ihrer Vorgänger*innen, machen wird. Und auch die Beschäftigten sich Arbeitsbedingungen- und Strukturen schaffen werden, die ein gleichberechtigtes, faires über das Betriebsverfassungsgesetz hinausgehende Mitspracherecht und demokratische Miteinander möglich macht. Was für eine Vision!

Einbruch, Ausbruch und Aufbruch

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In den frühen neunzehnhundertsiebziger Jahren gab es vereinzelt vorsichtige Initiativen in der deutschen Psychiatrie hin zu Reformgedanken- und vorhaben. Auch hier (wie in vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen) prallten alte, verstaubte und selbstherrliche Strukturen auf eine kleine, überwiegend junge, scharf kritisierende Strömung. Studentinnen und Studenten und die Auszubildenden in den Betrieben suchten den Konflikt mit Ausbildungsinhalten, teils geht es dabei aber um ganz grundsätzliche, eher ideologische Auseinandersetzungen. Große Fragen wurden gestellt und diskutiert: was ist denn die Funktion von Psychiatrie? Anderssein einzufangen, zurecht zu biegen, anzupassen, wieder für die Gesellschaft, Arbeit und für den Kapitalismus zu reparieren? Die Psychiatrie gehört schlichtweg aufgelöst.

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Beschreibung der Entwicklung von Reformen in der Psychiatrie in den 70'ger Jahren. Konkret und persönlich. Gepaart mit einem passenden Musiktitel.

Wie es (für mich) begann

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1975 war ein wichtiges Jahr für die deutsche Nachkriegspsychiatrie. Solange hat es gedauert die großen Missstände in einen öffentlichen und politischen Diskurs zu führen. Die Geburtsstunde der Psychiatrie Enquete Kommission des Deutschen Bundestages. Es geht um eine Bestandsaufnahme der skandalösen "Anstaltspsychiatrie" und die Erarbeitung konkreter Reformvorschläge mit einer neuen Gewichtung auf ambulante Strukturen.
Aber auch in der Musik brachen alte Strukturen auf. Das wird in dem Song, der heute vorgestellt wir sehr deutlich.

Vom Wachsaal in die Gemeinde - na und?

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1975 ist der Zustand der deutschen "Anstaltspsychiatrie" skandalös und menschenunwürdig. 2020 ist die psychiatrische Landschaft ganz anders? Wie haben sich psychiatrische Hilfs- und Behandlungsangebote verändert? Was ist in dieser Zeit passiert? Aus einer teilweise persönlichen Erfahrungssicht wird dieser Prozess kritisch dargestellt, aus verschiedenen Perspektiven betrachtet und bewertet. In jeder Episode gibt es einen Musikbeitrag. Eine Künstlerin oder ein Künstler wird vorgestellt und auch ein oder zwei Musikstücke werden gespielt.

Über diesen Podcast

Die Entwicklung der deutschen Psychiatrie und teilweise auch der Nachbarländer der letzten 45 Jahre wird subjektiv und kritisch besprochen und bewertet. Gibt es tatsächlich (ausreichend) Respekt und Augenhöhe gegenüber den Menschen mit psychischen Erkrankungen? Was geben die Strukturen des Gesundheits- und Sozialbereichs, in denen Psychiatrie stattfindet her? Welche Chancen und Hindernisse bieten sie? Bereichert mit Interviews von Insidern aus den verschiedensten Perspektiven.
In jeder Folge wird zudem ein Song aus der Rock- und Popgeschichte gespielt und der jeweilige Künstler vorgestellt. Durch die einzelnen Folgen führt Euch Klaus Jansen-Kayser, selber ein langjähriger Akteur und Kenner der Psychiatrie-Szene. Bis zur 13. Episode war Christian Gredig der Autor des jeweiligen Musikteils. Seit der 14. Episode hat Bernd Nigbur diesen Part übernommen.

Das Jingle dieses Podcast wird auf einem Dachsophon gespielt und stammt von dem Kölner Musiker Bernd Keul https://www.youtube.com/watch?v=MdVSw5Ck89o

Das Cover-Bild ist ein Werk der Künstlerin Mageaux, die aus den Südstaaten der USA stammt und seit einigen Jahren in Köln lebt. Der Titel lautet "Cognitive Behavioral Therapy" / Mai 2020 / Acrylfarbe & Sprühfarbe auf gebleichter Leinwand. 100 x 100 cm und zeigt, dass der Genesungsfortschritt nicht immer linear ist.
https://twitter.com/mageauxdesigns https://www.youtube.com/channel/UCCRY4v_BfwqThHoyCCYEFtw/featured

von und mit Klaus Jansen-Kayser

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