Vom Wachsaal in die Gemeinde  - 50 Jahre deutsche Psychiatrie - na und?

Vom Wachsaal in die Gemeinde - 50 Jahre deutsche Psychiatrie - na und?

Geschichtliches : Erreichtes : Gefordertes :

Geschichtliches : Erreichtes : Gefordertes :

Kannst Du überhaupt etwas mit dem Begriff „kommunale Psychiatrie“ anfangen? Was kommt Dir dazu spontan in den Sinn? Auf dieser Veranstaltung wurden eine Menge Vorträge gehalten, da waren politische Statements vom Sozialdezernenten und gar der Oberbürgermeisterin der Stadt Köln, Fachvorträge einiger Psychiater zu eher innovativen Modellen und nicht zu dem mühsam sich entwickelten gemeindepsychiatrischen und außerklinischen Versorgungssystem. Und besonders wichtig, wie ich finde, wurden die Perspektiven der betroffenen Psychiatrie Erfahrenen und der Angehörigen eindrücklich vorgetragen. Was aber aus meiner Sicht fehlte war der Standpunkt der unbeteiligten Bürger:innen zum Zustand der kommunalen Psychiatrie oder überhaupt zu ihrer Sichtbarkeit im Alltag. Was kriegen die Bürger:innen davon mit, was wissen die darüber und wie bewerten die das?
Ist oder wie ist dieser Teil der Psychiatrie für Dich sichtbar, gibt es Berührungspunkte zu diesem Versorgungssystem?
Ich denke, die „normale“ Bevölkerung sieht vor allem die psychiatrischen Kliniken in diesem Land. Und dazu herrscht nach wie vor und überwiegend keine gute Meinung. Hast Du eine Haltung zu diesem Teil der Versorgung?
Was glaubst Du woran es liegt, dass nach fast 50 Jahren Reformbewegung in unserer Republik, über die Du ja ständig in diesem Podcast von mir hörst, von diesen ganzen Hilfe- und Versorgungsstrukturen außerhalb der psychiatrischen Kliniken so gut wie nichts bekannt ist? Auch ruhig mal weitergedacht als in den üblicherweise engen oder verkürzten oder gar von Interessen geleiteten Diskurs in Fachkreisen.
Das sind Fragen, die ich mit meinem Gesprächspartner Bernd Nigbur bespreche. Dann wird es einige Einspieler der Veranstaltung "100 Jahre kommunale Psychiatrie in Köln" geben.
Ja und im Musikbeitrag von heute geht es um Antikriegslieder und was Marlene Dietrich dazu beigetragen hat.

Positives aus der Psychiatrie

In einem Selbstgespräch versucht Klaus Jansen-Kayser sich Erinnerungen an positive Erfahrungen und Erlebnisse in den Anfängen der Reformpsychiatrie zu entlocken. Es werden kleine und persönliche Eindrücke aus dem rauen psychiatrischen Anstaltsleben von damals geschildert.
Im Musikteil wird es ganz schön wienerisch, aber auch wild.
Durch die heutigen Beiträge und auch im Dialog zu Beginn dieser Episode ziehen sich positives und zuversichtliches durch.

Tag Hoffnung - Licht Dunkel - Stille Angst

Wer glaubt heute ist der Alltag auf den psychiatrischen Krankenhausstationen so viel anders als früher, der hört rein in diese Podcast Episode. Je nach Dienstplan waren es vier bis sieben solcher Nächte an einem Stück. Ich muss schon sagen, nichts woran ich mich jemals gewöhnen konnte. Und immer wieder heilfroh und entlastet war, wenn der Morgen graute, die Tagesschicht bald eintraf und ich diesem selbst eingesperrt sein, entfliehen konnte. Aber bis es so weit war konnte sich oft einiges ereignen.

Frieden|Freiheit|Menschlichkeit

Heute ist erneut die Sozialistische Selbsthilfe Köln (SSK) das Thema. Im 2. Teil des Gesprächs mit Lothar Gothe geht es über Heilung durch gemeinsame Aktionen und vor allem um die Kraft des Gemeinschaftslebens, aber auch deren Fragilität und Verletzlichkeit. Um die Angst der "großen" Akteure der Psychiatriereform vor dem kleinen SSK. Auch Psychopharmaka, die eigene Betroffenheit und die Auseinandersetzung mit Caspar Kulenkampf und anderen Reformgrößen ist Thema. Über das Thema Psychiatrie hinaus geht es Lothar Gothe aber auch um die Herausforderungen der ökologischen Krise des Planeten und sein lebenslanger Kampf gegen Nazis in der Gesellschaft.
Ja und dann hat uns der Krieg in Europa eingeholt in dieser Episode.
Der Musikbeitrag von Bernd Nigbur nimmt kurz dazu Stellung.
Und Karneval hat uns diesmal ganz und gar nicht eingenommen, ganz und gar nicht!

Widerstand beschleunigt Reform

Diese Podcastfolge ist der Versuch der Speerspitze der Protestbewegung gegen die Missstände der deutschen Psychiatrie in den 1970' und 1980' Jahren eine Stimme zu geben. Lothar Gothe von der Sozialistischen Selbsthilfe Köln (SSK) erzählt von damals, aber auch von seiner heute andauernden Auseinandersetzung mit rechter Hetze und Gewalt.
Auszug aus der Internetseite Lothar Gothe:
"In psychischer Hinsicht waren es oft gerade die gemeinsamen Aktionen wie Haus- oder Bürobesetzungen, die auch heilsam wirkten, weil sie unser Selbstbewusstsein stärkten und einigen von uns die mit Füßen getretene Würde zurückgaben. Wir hätten kein alternatives psychiatrisches Behandlungskonzept, habe ich mal in einem offenen Brief an den LVR Psychiatrieboss Kulenkampff geschrieben, unsere Gemeinschaft sei das einzige „Heilmittel“. Nicht so umfassend, wie es der italienische Psychiater Basaglia postulierte, aber es zeigte sich immer wieder mal: Freiheit heilt."

Mensch gleich Recht

Hat die UN Behindertenrechtskonvention, das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, das Zeug, die Kraft und die Werte eine stürmische Debatte über eine Fortsetzung der Psychiatriereform neu zu entfachen? Es lohnt allemal, sich mit diesem Werk aus dem Jahr 2006 zu beschäftigen. Aber auch mit den „Folgewirkungen“ in der Bundesrepublik. So sind Behandlungsleitlinien zum Thema „Verhinderung von Zwang , Prävention und Therapie aggressiven Verhaltens bei Erwachsenen“ entwickelt worden, ob das hilft? Und auch ein fachlicher Diskurs ist entstanden, ob eine psychiatrische Versorgung ohne Zwang und Gewalt möglich ist. Dazu gibt es ein Konzept „ … für eine ausschließlich unterstützende Psychiatrie“. Ob diese Vorstellung nur „bello e impossibile“ ist, oder ob sie etwas taugt im rauen Haifischbecken der psychiatrischen Versorgung? Ich versuche dafür Informationen und Erfahrungen zu liefern, die zumindest eine „anekdotische Evidenz“ besitzen – was für ein Begriff, und was wir in der aktuellen Pandemie von Karl Lauterbach alles lernen können.
Im Musikteil gehts um eine großartige Band, die eine Menge bekannter Hits produziert hat. Die Geschichte mit dem Clown, war eine ganz besonderes Stück - Bernd Nigbur - erzählt.

Fremde Erwartung Eigener Anspruch

Erwartung und Anspruch ist im Sozial- und Gesundheitssektor ein ganz besonderes Thema. Von moralischer oder ethischer Verletzung war hier schon mal die Rede. Und diese findet im großen Spannungsfeld der institutionellen, aber auch der gesellschaftlichen Erwartungen besonders an die Psychiatrie und der eigenen Ansprüche und Vorstellungen statt. Wen und was möchte ich erreichen mit meiner Arbeit in sozialen und medizinischen Berufen, welche Ansprüche und Maßstäbe setze ich dabei. Die heutige Episode bietet einen kleinen Streifzug, der den Wandel, die Unterschiede beschreibt, wie sich Erwartung und Anspruch kontextabhängig, also je nach Art der Institution verändert.

Im Musikteil wird es heute ruhig hergehen, nicht still! Bernd Nigbur betont die Qualität von Beständigkeit. Und tatsächlich, auch in der sozialen Psychiatrie spielt Kontinuität in Beziehungen eine sehr wichtige Rolle.

Schnitt Abschnitt Zusammenschnitt

Diese Episode, die letzte im Jahr 2021, enthält einen Zusammenschnitt aller Gespräche, die ich in meinem Podcast im letzten Jahr führen durfte. Mit sehr netten Menschen, denen ich besonders für ihre Offenheit und Bereitschaft danke, über ihre Erfahrungen mit und in der Psychiatrie den Hörerinnen und Hörer zu erzählen.

Im Musikteil wird es besonders weihnachtlich, denn Bernd Nigbur stellt zwei Songs und deren Geschichten vor, die nachdenklich bis lustíg sind.

Stimme erheben

Gespräch Teil II
Plädoyer insbesondere an alle Beschäftigten in der Psychiatrie, aber auch in den Schulen und anderen Institutionen unserer Gesellschaft, sich ihrer Verantwortung für den Umgang mit den Kindern der Patient:innen, die akut in der psychiatrischen Klinik aufgenommen werden, eine Stimme zu geben.

Stimme hören| Stimme geben| Stimme erheben

Heute ist eine junge Gesprächspartnerin zu Gast, die eine wichtige Perspektive im psychiatrischen Geschehen sehr deutlich zum Ausdruck bringen wird: sie hat im Alter von 13 Jahren die psychische Erkrankung ihres Vaters erlebt und schildert ihre Erfahrungen, die sie mit psychiatrischen Institutionen macht, vor allem im Umgang mit ihr selbst, mit ihr als Kind, das von den ersten Eindrücken beim Besuch ihres Vaters auf der geschlossenen Station maßlos überfordert war. Sie wünschte sich so sehr, dass sie und ihre Schwester einfach gesehen, sie angesprochen, sie gefragt worden wären, wie es ihnen geht. Aber nichts dergleichen, sie wurden gar nicht wahrgenommen.

Im Musikteil bespricht Bernd die positiven Aspekte von Verrücktheit in Kultur und Gesellschaft und erinnert mit seiner vorgestellten Musik an starke Gefühle.