00:00:00: Und das war für mich so das Schlüsselerlebnis.
00:00:02: Ich habe da also Eltern kennengelernt, die haben nach Lehrbuch alles genau richtig gemacht.
00:00:09: Und ich habe Eltern kennengelernt, die haben nach Lehrbuch alles genau falsch gemacht.
00:00:14: Und da waren Partner und Kinder von der Krankenhose.
00:00:18: Also da waren so die ganze Bandbreite von familiären Konstellationen vorhanden.
00:00:22: Und Leute, also es war auch eine Mutter dabei, wo ich in meinem Hochmut gedacht habe,
00:00:28: naja, bei der Mutter wäre ich vielleicht auch, habe mich dann aber an die Nase gefasst und gesagt, du, du.
00:00:35: Aber das zu sehen, und zu sehen, so viele unterschiedliche Charaktere gehen mit so vielen unterschiedlichen Charakteren so unterschiedlich um.
00:00:48: Und hinten kommt immer das Gleiche heraus, nämlich eine psychische Erkrankung.
00:00:52: Und da ist mir das vom Kopf, wo ich es schon wusste, es kann also auf uns stimmt zwar manches,
00:00:57: eben auch nicht an den Theorien.
00:00:59: Also dann war ich es nicht.
00:01:02: Ja, dann bin ich nicht schuld.
00:01:04: Und wenn ich nicht so mächtig war, in krank zu machen, dann bin ich jetzt auch nicht so mächtig, in gesund zu machen.
00:01:11: Weihnacht Gadama, wir führen kein Gespräch, das Gespräch führt uns.
00:01:24: Ganz genau, sehr gut.
00:01:27: Der Wachstahl, das ist die Kurzfassung von dem Podcast-Titel, also vom Wachstahl in die Gemeinde, ist ja heute wieder mal unterwegs.
00:01:35: Und nicht nur irgendwo, sondern wir sind zu Gast bei Susanne Heim.
00:01:41: Ich finde eine große Dame der Angehörigenbewegung, das habe ich jetzt schon häufiger auch gelesen, so, und dem kann ich nur zustimmen.
00:01:51: Und sie war von der ersten Stunde dabei. Ich sage erstmal Hallo und Tag.
00:01:56: Hallo, ja, schön, dass Sie da sind.
00:01:58: Schön, dass ich hier sein darf und kann.
00:02:01: Das ist schon was Besonderes.
00:02:03: Ich stelle Sie nur ganz kurz vor und das ist sehr, sehr apontiert, aber Sie können dem gerne auch einiges noch hinzufügen.
00:02:12: Sie haben ja ein preilgefülltes Leben bis heute, habe ich den Eindruck, also bis heute ist die Betonung.
00:02:18: Sie sind Jahrgang 1937, wenn ich das sagen darf.
00:02:22: Wer das richtig ist, Sie sind in Karlsruhe oder wo sind Sie geboren?
00:02:25: Ich bin zufällig in Karlsruhe geboren, weil meine Mutter war damals nicht verheiratet und hat dann dort in dem Landesmeldwürde die Weise, in dem Landeskrankenhaus, das dann später psychiatrie wurde,
00:02:39: Landesfrauenklinik entbunden und hat zu der Zeit dort in der Vorte gearbeitet, um mich dort zur Welt zu bringen.
00:02:47: Das habe ich eigentlich zufällig auf die Welt gepresst.
00:02:51: Schon früher Kontakt.
00:02:53: Wie das Leben zu spielen.
00:02:55: Sie sind aber auch schon in jungen Jahren viel rumgekommen, waren schon im sehr jungen Alter, auch in London, habe ich gelesen, und haben da auch ihren Sohn bekommen.
00:03:07: Ich weiß nicht, ist der in London geboren?
00:03:09: Nein, ich wollte immer, ich war damals in Berlin studiert und war mit meinem damaligen noch Freund.
00:03:16: Wir waren zusammen über Ostern nach London gefahren, zu meiner englischen Freundin und haben dort an der Wehe gekämpft.
00:03:26: Und dann haben wir gesagt, auch wenn wir jetzt schon mal hier sind, dann können wir eigentlich auch gleich heiraten.
00:03:32: In dem Zusammenhang ist dann wohl auch mein Sohn entstanden.
00:03:37: Ich bin dann nach Berlin zurück, weil ich da ja noch studiert habe und wollte eigentlich, dass mein Sohn ein Berliner wird.
00:03:47: Aber dann hat mein damals schon Ehemann zusammen mit meiner Mutter bewirkt, dass ich nach Schwäbisch Hall, also in die alte Heimat zurückkehre, und dort meinen Sohn zur Welt bringe.
00:04:01: Das hat mir nie so richtig gefallen, aber ich hatte keine andere Wahl damals, glaubte ich.
00:04:09: Insofern, also bei mir ist alles ein bisschen verwickelt.
00:04:13: Ich habe dann gelesen, dass Sie ja in sehr vielen verschiedenen Bereichen auch gearbeitet haben, ich sage mal so, im Kern aber doch Journalistin sind.
00:04:27: Also ganz ursprünglich wollte ich mal Sängerin werden.
00:04:32: Also ich habe sehr Musik war für mich ganz wichtig.
00:04:35: Und als meine Gesanglehrerin gestorben ist, ist für mich eine Welt zusammengebrochen.
00:04:40: Und von Stunden dann habe ich erst mal überhaupt alles aufgehört mit Musik.
00:04:44: Und ich konnte auch nirgends mehr hingehen.
00:04:48: Also ich bin immer zusammengebrochen, wenn ich wieder Musik gehört habe.
00:04:51: Und ich habe ja sehr, sehr, sehr viel später begriffen, was diese Gesanglehrerin, die ist eigentlich eine sehr, also eine etwas herbere Frau war, aber was die für mich bedeutet hat.
00:05:03: Und ich habe mich selber nicht verstanden, als ich auf der Beerdigung war.
00:05:08: Ich habe gedacht, du stellst dich an, als wäre deine eigene Mutter gestorben.
00:05:11: Was ist mit dir los?
00:05:13: Ja, aber damals bin ich wirklich zum ersten Mal in mehr oder weniger bewusste Depressionen verfallen sozusagen.
00:05:22: Und habe da auch das erste Mal versucht, mich umzubringen mit völlig untauglichen Mitteln.
00:05:29: Aber ja, da war, da ist für mich die ganze Welt zu Ende gewesen.
00:05:34: Jahre später ist mir erst klar geworden, was die Frau für mich bedeutet hat.
00:05:39: Sie haben ja dann aber eben auch als Journalistin gearbeitet.
00:05:43: Dann habe ich gedacht, dann guck mal, was ich mit du Sieg machen kann.
00:05:46: Und meine damaligen Musiklehrerin, die war, die hatte mich mal als gefragt, als sie ein Konzert gegeben hat für die Schallertagblattnacht-Rezension zu schreiben.
00:05:59: Und so bin ich da reingerutscht.
00:06:01: Und dann war ich auch ja Journalismus, das heißt noch schlimmer. Wir hatten eine Deutschlehrerin, mit der wir uns alle nicht so gut verstanden haben.
00:06:11: Ja, mich hat sie auch nicht so gut verstanden.
00:06:13: Aber jedenfalls sollten einmal einen Aufsatz schreiben, ein Kunstwerk, das mir was bedeutet.
00:06:21: Und für mich war klar Musik.
00:06:23: Und dann habe ich also B.T. Hoffnens Fünfte genommen.
00:06:26: Und dummerweise hat jemand in der Klasse gefragt, darf es auch ein Musikstück sein.
00:06:31: Und sie hat dann, weil sie von mir nicht verstanden hat, gesagt, ja lieber nicht.
00:06:36: Aber ich habe gedacht, aber für mich ist das das Wichtigste und habe das gemacht.
00:06:40: Und dann habe ich, also drunter, sie war natürlich überfordert, hat das meiner Musiklehrerin dann auch gegeben.
00:06:47: Und dann stand unter, bitte gleiten Sie nicht ins Journalistische ab.
00:06:54: Und ich fand das unverschämt, weil ich fand das ungerecht in Journalisten gegenüber.
00:07:00: Ja, also und damals war ich mit der Schauspielerin Ruth Niehaus befreundet, deren Mann, auch jetzt komme ich nicht auf den Namen,
00:07:07: aber der hat damals war Chefredakteur vom Stern.
00:07:10: Und Nick Kristall hieß das damals.
00:07:14: Und dem habe ich das geschrieben.
00:07:16: Er soll mir bitte bestätigen, dass das mit Journalismus überhaupt nichts zu tun hat.
00:07:20: Ja, und er hatte natürlich nichts Besseres zu tun, als das in der Leserbriefgeschichte also veröffentlichen.
00:07:28: Und mir zu schreiben, also eigentlich, wer wird es manchen Deutschlehrern ganz gut tun, wenn die ein bisschen journalistisch arbeiten würde
00:07:36: und hat dann aufgezählt, welche Dichte alle journalistisch gearbeitet, also für Zeitungen also journalistisch gearbeitet haben.
00:07:44: Und ich hatte natürlich nichts Besseres zu tun, als ihr das dann auch hinzulegen.
00:07:48: Damit war alles zu tun.
00:07:50: Da war die Freundschaft verweigelt, oder?
00:07:52: Aber da bin ich erst darauf gekommen, dass vielleicht Journalismus auch ein Weg wäre.
00:07:56: Ah, ja, ja, ja.
00:07:58: Da haben Sie auch dann gemacht, also waren ja dann auch Zeitungen, wie der Herr Sprecher.
00:08:03: Ja, ich habe dann erst mal frei gearbeitet, noch nebenher.
00:08:06: Und mein Studium habe ich ja dann abgebrochen, als mein Sohn da war.
00:08:10: Aber das war so der Weg dann dahin.
00:08:14: Und das haben Sie auch relativ lange gemacht, oder?
00:08:20: Ja, bis ich dann, also, als das dritte Programm, ich war ja so bei der UNESCO-Kommission, aber so als Pressereferentin.
00:08:30: Und als dann im WDR das dritte Fernsehprogramm aufgemacht wurde,
00:08:36: das wäre vielleicht, was da, sind die Strukturen noch nicht so festgefahren, vielleicht finde ich da einen Platz.
00:08:41: Und ich habe mich dann beim Herrn Höfer gemeldet und hatte ein Gespräch mit dem,
00:08:46: und hat sich mein Lebenslauf angeguckt und gesagt, wenn ich Sie jetzt fragen würde nach Ihrem Beruf, was würden Sie dann sagen?
00:08:55: Und dann habe ich gesagt, ja, Journalistin natürlich, aber es ist Hochstabelei, ich weiß.
00:09:00: Und es hat dem offensichtlich so imponiert, dass er mich dann tatsächlich genommen hat.
00:09:05: Aber Sie haben auch ganz andere Sachen gemacht.
00:09:07: Ja, ich habe alles möglich. Also bei irgendwie ein bisschen künstlerischer Art war halt immer ein Mittelspiel.
00:09:13: Aber auch als Krankes, oder als Hilfsschwester solche Sachen in der Medizin oder in der Psychosomatik gearbeitet?
00:09:19: Also, Psychologie hat mich immer schon interessiert.
00:09:24: Ich habe auch ein Semester Psychologie angefangen und habe mich aber dann dabei erwischt und mich total erschrocken.
00:09:34: Und heute bin ich froh, dass ich das so früh gemerkt habe.
00:09:38: Ich habe ja meinen Studium überwiegend selber mir verdient.
00:09:44: Und habe dann beim Babysitting ausprobiert, ob das, was die uns in der Vorlesung erzählen, auch stimmt.
00:09:53: Also ein Kindchen-Schema.
00:09:55: Und da habe ich mich so erschrocken über mich selber.
00:09:59: Und dann habe ich gedacht, Gott sei wenig, ich muss sofort aufhören.
00:10:02: Da verliere ich mein Fingerspitzengefühl.
00:10:04: Da wird ja das Gegenüber zum Objekt.
00:10:07: Das will ich nicht.
00:10:09: Ja, ja, ja.
00:10:10: Und meine, also ich bin ja relativ damals noch sensibler als heute.
00:10:15: Ich habe das mir sensibilität auch zum Teil sehr abtrainieren müssen.
00:10:20: Und ich weiß heute, das war mein Glück eigentlich.
00:10:24: Ich möchte auch nicht so werden wie jetzt ganz viele in der Psychiatrie,
00:10:28: die weiß ich nicht, ob die Angst für den Patienten haben,
00:10:32: aber die sich so abschotten müssen, um nur ja nicht an ein eigenes zu kommen, offensichtlich.
00:10:37: Und insofern bin ich sehr froh, dass ich das nicht...
00:10:41: Aber das Thema Psychologie und Menschen verstehen und sich einfühlen und so,
00:10:47: das war für mich mal so überlebenswichtig.
00:10:50: Und das habe ich natürlich nicht aufgehört.
00:10:53: Das ist geblieben und das ist Interesse für Psychologie und Psychotherapie ist auch geblieben.
00:11:01: Was mich dann allerdings ziemlich, wie sagt man heute, sehr überrascht hat,
00:11:07: soll ich jetzt mal, dass sie auch so eine Ausbildung als Fotomodell und Mannequin gemacht haben.
00:11:15: Ja, weil ich, also einfach um selbstbewusst,
00:11:19: selbst sicherer zu werden.
00:11:22: Ja, ich war nach meiner Scheidung, nach dieser etwas heftigen Erfahrung,
00:11:29: so total, also ich war immer schon sehr unsicher.
00:11:34: Und meine Sensibilität hat ja damit was zu tun,
00:11:37: dass ich immer genau mitkriegen musste, was los ist, um zu überleben.
00:11:43: Und ich war damals so unsicher, dass ich da, ich muss irgendwas machen,
00:11:49: um aufrecht gehen zu können.
00:11:51: Und da habe ich gedacht, ja, weiß ich nicht, habe ich es irgendwo gelesen
00:11:55: und das war in der Nähe und da bin ich, das mache ich.
00:11:58: Ah ja, da geht es auch um selbst.
00:12:00: Einfach um zu lernen, wie man geht.
00:12:03: Also ich hatte das Gefühl, ich weiß überhaupt nichts mehr.
00:12:06: Und das hat sich lange erhalten, überhaupt,
00:12:10: weil ich immer, ich habe immer geguckt, wie machen es die anderen
00:12:13: und habe dann versucht auf die Weise rauszukriegen, wie es funktioniert.
00:12:19: Ja, ich komme jetzt mal so darauf, weil wir ja auch noch ein großes Thema uns heute so,
00:12:27: also ich mir vorgenommen habe, man sieht, wie wir das hinkriegen.
00:12:31: Das sind ja jetzt schon eine Menge oder ein breites Spektrum gewesen,
00:12:35: wo sie so beruflich unterwegs waren.
00:12:37: Und sie haben ja auch immer am Rande immer ein bisschen angedeutet,
00:12:40: was auch ihre persönliche Situation war.
00:12:42: Und für mich hat das aber so ein, so ein, in dem was ich so da über sie gelesen habe
00:12:49: und auch von ihnen weiß, man kann ja in der Stässe an, wir kennen es,
00:12:53: natürlich auch sehr, sehr, sehr, sehr, sehr viele Jahre.
00:12:56: Wobei jetzt auch nicht unsere persönlichen Sachen so sehr ausgetauscht haben.
00:13:01: Wir haben es in allen möglichen...
00:13:03: Sie muss mehrfach über den Weg gelaufen.
00:13:05: Ja, mehrfach in verschiedenen Rollen und überhaupt über den Weg gelaufen.
00:13:09: Und deswegen ist das für mich auch schon ein bisschen was Besonderes,
00:13:13: weil es auch immer in meiner eigene Biografie natürlich betrifft,
00:13:16: wenn man dann über diese gemeinsamen Erfahrungen auch redet.
00:13:20: Dann bin ich irgendwie auf dieses Jahr 1984 gestoßen.
00:13:24: Also, wo sie selber sagen, dass da so die Arbeit,
00:13:29: die Selbsthilfe, die Angehörigenarbeit für sie begonnen hat
00:13:33: und sich dann auch sehr zu engagieren und da auch richtig einzusteigen.
00:13:38: Was mich an der Stelle wirklich interessieren würde
00:13:41: und da kann man jetzt so was ihre Biografie angeht,
00:13:44: haben wir ja jetzt nur paar Splitter ausgegraben.
00:13:47: Aber an der Stelle interessiert mich wirklich, was ist denn vorausgegangen,
00:13:51: dass sie so an der Stelle tatsächlich so, wie ich finde, sehr intensiv
00:13:56: und mit sehr leidenschaftlich auch in diese Angehörigen,
00:13:59: die sie ja damals in dem Sinne eigentlich noch gar nicht so gab.
00:14:02: Die gab es noch nicht.
00:14:04: Also, das heißt, man wusste gar nicht,
00:14:06: dass in Süddeutschland zum Beispiel waren ja schon die ersten Angehörigengruppen.
00:14:11: Aber wir haben damals, als wir uns dann gegründet haben,
00:14:15: auch zuvor erfahren, dass hier auch mal so eine Gruppe war.
00:14:18: Da hinten am Neumark, das waren bei den Katholen irgendwie in so einer Beratung,
00:14:24: da gab es auch mal kleine Gruppe.
00:14:26: Von der wussten wir nichts.
00:14:28: Das war eine professionelle Beratung, im Lach.
00:14:33: Also wir sind hier in Köln für alle, die nicht wissen, wo das ist.
00:14:38: Wie war die Frage?
00:14:42: Also, was dem vorausgegangen ist.
00:14:44: Also, vorausgegangen ist, dass mein Sohn erkrankt ist.
00:14:48: Beziehungsweise also zunächst war das so,
00:14:51: dass man immer das noch als Pubertät verstehen konnte.
00:14:56: Und ich habe dann immer gedacht, na ja, also,
00:14:59: das halten wir jetzt auch noch miteinander durch.
00:15:02: Und solange es nur gegen mich geht, ja.
00:15:06: Und irgendwann habe ich gemerkt, jetzt gibt da was.
00:15:11: Das ist nicht mehr nur Pubertät.
00:15:14: Also, da hatte ich dann schon die Erfahrung aus meiner Zeit auf dieser Station,
00:15:21: wo ich in der Psychiatrie sozusagen schon mal gearbeitet hatte.
00:15:26: Und da habe ich gemerkt, jetzt ist irgendwas.
00:15:29: Und dann habe ich verzweifelt nach Hilfe gesucht und keine gefunden.
00:15:34: Also, so für Sie so aus dem Blick der einer angehören oder anderen?
00:15:38: Ja, also ich habe jedenfalls gemerkt, da,
00:15:40: und der hat dann, ja, wenn er dann irgendwie plötzlich so vor sich hin gelacht hat,
00:15:45: dann wusste ich, da hat jetzt vielleicht höher der Stimmen oder sonst was auch immer.
00:15:49: Ja, oder hat man dann gesehen, dass da ein Vogel vorbeigeflogen ist, was nicht wahr.
00:15:53: Und da wusste ich jetzt, jetzt kippt da irgendwas.
00:15:56: Das ist jetzt nicht mehr im Bereich der Pubertät, der normalen in Anführungsstrichen.
00:16:01: Es wurde dann immer schwieriger mit ihm.
00:16:04: Und ich habe aber, der hat ja wirklich, es hat sich gebracht,
00:16:08: sich 15 Jahre lang jeglich am Zugriff zu entziehen auch.
00:16:13: Und ich habe verzweifelt nach Hilfe gesucht.
00:16:17: Also, es war wirklich auch eine chaotische Zeit.
00:16:22: Ein Jahr vor dem Abitur ist er morgens nicht mehr aufgestanden.
00:16:26: Er hat gesagt, er geht nicht weiter zur Schule. Punkt.
00:16:28: Was machen Sie da?
00:16:30: Und ich habe jedes Mal, ich war ja voll berufstätig.
00:16:33: Ich habe ja wirklich auch ohne jeden Unterhalts alles in eigener Regie gemacht.
00:16:40: Ich konnte ja, also ich habe immer gedacht,
00:16:42: oh Gott, oh Gott, hoffentlich ist er noch da, wenn ich heute Abend vom Dienst komme.
00:16:45: Ja, also das war eine furchtbare Zeit.
00:16:48: Und dann habe ich also alle möglichen Leute angeschrieben
00:16:51: und um Hilfe gerufen sozusagen und was versucht, was soll ich denn machen.
00:16:57: Und alle haben dann auch einige Korrifén drunter,
00:17:02: wo man denkt, also die hätten vielleicht mir einen Tipp geben können.
00:17:06: Heute weiß ich, natürlich geht das nicht so ohne Weiteres.
00:17:11: Aber die Art und Weise, wie mir geantwortet, wurde also nicht sehr hilfreich.
00:17:16: Sondern jeder hat eigentlich geschrieben, ja, ihr Sohn ist sehr krank, dringend,
00:17:21: behandlungsbedürftig.
00:17:23: Wenn Sie Hilfe haben wollen, kommen Sie bei uns vorbei, bringen Sie ihn vorbei
00:17:28: oder kommen Sie zu uns in die Ambulanz.
00:17:30: Ich wusste, ich habe ja geschrieben, weil ich wusste, er ist krank.
00:17:33: Ich wollte aber wissen, wie bringe ich ihn da hin.
00:17:36: Und da hat mir niemand Antwort gegeben.
00:17:39: Erst als ich selber dann schon in einer tiefen Depression, also auch diagnostiziert war,
00:17:45: ich weiß heute, dass ich schon als Kind eine Depression hatte
00:17:49: und das über den Körper abgearbeitet habe.
00:17:52: Man wusste damals auch nicht, dass Kinder schon Depressionen haben können.
00:17:56: Das war ja, es ist schon sehr lange her.
00:17:59: Da war ich dann, also so mit 10, hat das spätestens angefangen.
00:18:03: Eigentlich schon, als ich in die Schule kam,
00:18:06: meine Mutter hat dann manchmal so Tagebuch geführt
00:18:10: und da steht drin, dass ich immer mit Kopfschmerzen aus der Schule gekommen bin.
00:18:13: Ich bin gern dahin gegangen, aber mir war es zu laut.
00:18:16: Ach so, ja.
00:18:18: Ja, und ich habe da schon psychosomatisch reagiert.
00:18:21: Jedenfalls irgendwann bin ich ja dann zusammengebrannt.
00:18:27: Es waren chaotische Jahre, mein Sohn so veranstaltet,
00:18:31: er war dann ein Dreivierteljahr auch weg.
00:18:33: Ich wusste nicht, wo er ist, ich ahnte, wo er ist.
00:18:36: Er hat sich dann auch bewahrheitet.
00:18:39: Und ist dann, der war in Marokko und ist auf dem Rückweg verunglückt,
00:18:46: also als Per Hitchhiking da unterwegs gewesen.
00:18:49: Und alle Leute haben dann immer gesagt,
00:18:51: "Ja, solange Sie nichts hören, ist alles gut."
00:18:54: Wenn was passiert wäre, wüssten Sie, dass schneller als Ihnen lieb ist.
00:18:57: Und so war es dann auch.
00:18:59: Irgendes Abend stand ein Polizist von meiner Wohnung,
00:19:04: Stürren hatten mit dem Fax gewedelt.
00:19:06: Und da stand drin, dass mein Sohn in Spanien verunglückt ist
00:19:11: und mit Knochenbrücken und Unterleibskwetschungen im Krankenhaut liegt.
00:19:16: Das war furchtbar.
00:19:18: Ich werde nie vergessen, ich bin damals dann noch ins Präsidium gegangen,
00:19:23: was mache ich denn jetzt?
00:19:25: Wie kriege ich denn denn jetzt hier?
00:19:28: Und dann war der Polizist, der war wirklich süß.
00:19:32: Er hat dann gesagt, ja, also das weiß ich jetzt auch nicht.
00:19:35: Also so war es so ein Fall, hatten wir jetzt auch noch nicht.
00:19:38: Und offen nach Hause weg ist mir eingefallen,
00:19:40: aha, ich habe ja mein Sohn, ist ja noch bei mir beim ADAC.
00:19:43: Wir sind ja früher zusammen gereist, noch im Schutzbrief,
00:19:48: noch drin, ich konnte ihn über den ADAC einfliegen lassen, Gott sei Dank.
00:19:52: Und hat sich dann Gott sei Dank herausgestellt,
00:19:56: dass die Unterleibskwetschung eine Unterlippenquetschung war.
00:20:00: Also ich hätte ja wirklich alles sein können.
00:20:03: Ja, natürlich.
00:20:04: Und dann lag er hier einige Zeit im Krankenhaus.
00:20:07: Und dann ging noch das Haus erst noch weiter
00:20:10: und irgendwann stand da vor mir, hat mich angebrüllt.
00:20:15: Du willst ja nur, dass ich auf das Gefängnis Schule zurück gehe.
00:20:19: Und dann ist mir die Kinlade rund und ich habe gesagt,
00:20:22: also wenn du wieder auf die Schule bist, kannst du das machen,
00:20:25: aber damit hätte ich jetzt nicht gerechnet.
00:20:27: Ja, ja.
00:20:28: Aber du kannst machen, was du willst, aber mach was.
00:20:32: Ja, also wenn du krank bist, dann geh zum Doktor,
00:20:36: lass dir helfen, dass du wieder zur Kräften kommst.
00:20:38: Wenn du aber gesund bist, dann gehst du zurück auf die Schule
00:20:43: oder was immer du willst, mach eine Lehre
00:20:48: oder geh jobben und verdient dir dein Lebensundheit.
00:20:52: Müßiggang finanziere ich nicht.
00:20:55: Ja, ja.
00:20:56: Aber auch selber da, genug Schwere für Arbeit.
00:20:59: Ja, ja.
00:21:00: Und ja, das war schon heftig.
00:21:05: Das war sogar noch am nächsten Tag, ist da losgezogen,
00:21:08: hat sich eine Schule gesucht
00:21:10: und hat dann, ich bin im Hansa-Gymnasium,
00:21:13: der hat ihn dann aufgenommen, die alten Schule wollte ihn nicht mehr haben.
00:21:17: Kann ich auch verstehen.
00:21:19: Und dann ist er da hingegangen
00:21:24: und mein Sohn hat zwar gelernt,
00:21:29: aber der hat keine Schweißtroffen gehabt
00:21:33: und hat dann Abitur, man muss ja sagen,
00:21:35: dass nach dem ersten Schub im Nachhinein weiß,
00:21:39: aber damals wusste man das ja noch nicht so,
00:21:42: hat er mit 1, irgendwas gemacht.
00:21:45: Und dann kam er eines Tages und hatte die fixe Idee,
00:21:49: er muss jetzt noch seinen Dienst am Fahrtscherland ableisten
00:21:52: und hat sich freiwillig gemeldet.
00:21:55: Konnte ich ja nichts machen.
00:21:58: Und dann haben die ihn aber nicht genommen,
00:22:00: die wollten ihn nicht haben.
00:22:02: Und ich habe im Nachhinein, also das ich mal so erwähnt habe,
00:22:05: habe ich mitgekriegt, dass sie offensichtlich
00:22:08: also in der Uni-Klinik offensichtlich psychiatrische untersucht worden ist.
00:22:12: Aber mir hat niemand was gesagt.
00:22:15: Und irgendwann war er bei uns im Halsnasen Ohrenarzt.
00:22:22: Da war ich aber schon selber in der Klinik.
00:22:25: Also er hat dann das aufs Abiturzug ging,
00:22:28: aus Düsseldorf die Genehmigung hatte,
00:22:32: dass er seinen Abitur nachmachen darf,
00:22:35: weil er länger als ein halbes Jahr weg war,
00:22:38: also müsste er da genehmigt werden.
00:22:40: Da bin ich dann zusammengeklappt.
00:22:42: Da habe ich gesagt, oh Gott, danke, jetzt ist alles ausgeschätzt.
00:22:44: Jetzt kannst du nur noch aufwärts gehen.
00:22:46: Und da bin ich zusammengeklappt.
00:22:48: Da war ich ein Dreivierteljahr zu Hause,
00:22:50: aber ich habe immer gedacht, mir gefällt es offensichtlich ganz gut.
00:22:53: Es war zum ersten Mal, dass ich zu Hause war,
00:22:55: als mein Sohn aus der Schule kam.
00:22:57: Da habe ich also gekocht.
00:22:59: Die ganze Kraft, die ich noch zusammenglauben konnte,
00:23:02: habe ich darauf erwähnt, morgens einzukaufen und zu kochen.
00:23:06: Zu mehr hat es nicht mehr gereicht.
00:23:09: Und dann habe ich immer gedacht, ich habe dich erwischt.
00:23:12: Du bist jetzt bloß zu faul, wieder in den Dienst zu gehen.
00:23:15: Ich meine, ich habe auch einen anstrengenden Beruf gehabt.
00:23:18: Und dann habe ich mich gezwungen, bin ich wieder dahin
00:23:22: und habe dann noch ein halbes Jahr durchgehalten.
00:23:25: Es war echt schwer.
00:23:27: Aber wie war dann diese Angehörigenbewegung?
00:23:31: Da war immer noch nichts.
00:23:33: Immer noch nichts.
00:23:35: Da habe ich in der Zeitung was gelesen,
00:23:39: eine Angehörige Gruppe von einem Arzt geleitet.
00:23:42: Der sagt mir jetzt, was ich machen muss,
00:23:44: wie ich meinen Sohn endlich in Behandlung kriege.
00:23:47: Weil ich dachte, alles, was er an Symptomen hat,
00:23:49: das ist wegen der Nichtbehandlung.
00:23:51: Und dann bin ich dahin marschiert
00:23:54: und habe ganz viele Leute kennengelernt.
00:23:58: Das war für mich das Schlüsselerlebnis.
00:24:02: Ich habe da also Eltern kennengelernt,
00:24:05: die haben nach Lehrbuch alles genau richtig gemacht.
00:24:08: Und ich habe Eltern kennengelernt,
00:24:10: die haben nach Lehrbuch alles genau falsch gemacht.
00:24:13: Es waren so die ganze Bandbreite
00:24:15: von familiären Konstellationen vorhanden.
00:24:18: Es war auch eine Mutter dabei,
00:24:20: wo ich in meinem Hochmut gedacht habe,
00:24:22: bei der Mutter wäre ich vielleicht auch.
00:24:24: Ich habe mich dann aber an die Nase gefasst.
00:24:28: Ich habe gesagt, du, du.
00:24:30: Aber das zu sehen,
00:24:33: so viele unterschiedliche Charaktere gehen,
00:24:37: mit so vielen unterschiedlichen Charakteren,
00:24:40: so unterschiedlich um.
00:24:42: Und hinten kommt immer das Gleiche heraus,
00:24:44: nämlich eine psychische Erkrankung.
00:24:46: Und da ist mir das vom Kopf, wo ich es schon wusste,
00:24:48: es kann also auf uns stimmt zwar manches,
00:24:51: aber manches eben auch nicht an den Theorien.
00:24:54: Also dann war ich es nicht.
00:24:57: Ja, dann bin ich nicht schuld.
00:24:59: Und wenn ich nicht so mächtig war, in krank zu machen,
00:25:02: dann bin ich jetzt auch nicht so mächtig,
00:25:04: ihm gesund zu machen.
00:25:06: Also ich hatte dann nicht, nicht, also Schuldgefühle
00:25:09: hat man ja leicht, weil wenn man zurückguckt,
00:25:12: alle Eltern mussten mal irgendwie handeln,
00:25:15: wie sie es ungern gemacht haben,
00:25:17: oder sind mal explodiert oder was auch immer.
00:25:19: Also das ist ja Quatsch, es daran festzumachen.
00:25:23: Aber das ist mir dann im Kopf,
00:25:25: da haben wir das alles schon klar,
00:25:27: aber es ist dann richtig in den Bauch gerutscht.
00:25:29: Und das hat mir dann den Mut gemacht
00:25:32: und die Kraft gegeben zu sagen, also wenn das so ist,
00:25:35: dann kann ich, wenn mein Sohn unbedingt an
00:25:38: und mit seiner Krankheit zugrunde gehen will,
00:25:41: dann kann ich nur noch entscheiden,
00:25:43: will ich mit zugrunde gehen oder nicht.
00:25:46: Und ich bin schwäb in, die denken wirtschaftlich.
00:25:50: Ich habe gedacht, wenn ich zugrunde gehen,
00:25:52: ist ihm ja nichts genitzt und mir eigentlich auch nicht.
00:25:55: Also da habe ich gesagt, dann probiere ich es jetzt noch,
00:25:57: ob ich mein Leben noch auf die Reihe kriege.
00:26:00: Und das hat mir wirklich echt geholfen,
00:26:03: eben mit Tiefen auch dieses Briefes,
00:26:05: was mir damals der Herr Dörner geschickt hat,
00:26:08: der gesagt, so sind überhaupt wir an so einen nicht mehr zuständig,
00:26:11: der ist volljährig, er ist halt in, der macht eine Ausbildung.
00:26:14: Und sie können ihm nur noch ihr Vertrauen schenken,
00:26:17: dass er seinen Weg findet.
00:26:20: Und dieser Brief, der hängt bei vielen Eltern auch
00:26:23: von nur popuertierenden Kindern,
00:26:26: Hindernsspiegel hat vielen schon geholfen.
00:26:29: An dem habe ich mich regelrecht festgehalten, immer wieder.
00:26:32: Und dieser Briefwechsel ist ja auch nachzulesen, oder?
00:26:35: Der ist nachzulesen in dem Freispruch der Familie.
00:26:38: Das hat mir wirklich geholfen.
00:26:40: Das war der erste, der mich als Person und als Angehörige
00:26:44: als Mutter wahrgenommen hat.
00:26:46: Ich war nicht die klammende Mutter, die man damals noch so gesehen hat.
00:26:50: Die Schizophrenogenemutter.
00:26:52: Das war ja so eine Richtung damals, muss man vielleicht auch sagen,
00:26:55: dieser Begriff "Schizophrenogenemutter".
00:26:57: Da hatten wir ja auch mal einen öffentlichen Disput über,
00:27:01: in der Diskussion.
00:27:03: Das war ja damals ein bisschen so eine Haltung in der Psychoanalysen.
00:27:07: Und dann kam natürlich nachher der Professor Peters,
00:27:11: der hat dann auch die Väter entdeckt.
00:27:14: Und dann kamen die Systemiker, die haben dann das verlagert.
00:27:20: Und dann war es nicht mehr Vater und Mutter,
00:27:24: sondern dann war es das kranke Familiensystem,
00:27:28: das sich den Index-Patienten ausgesucht hat.
00:27:32: Und ich habe den damals in Heidelberg gesagt,
00:27:35: wenn es irgendjemand index-sicher ist,
00:27:37: gibt dann seit ihr die Index-Therapeuten,
00:27:40: weil ihr seit von der Familie wissentlich ausgesucht war.
00:27:44: Ich bin ja Psychotherapie-Affin.
00:27:48: Und ich finde auch die systemische Sicht wichtig.
00:27:51: Aber nicht wieder um Schuld zu verteilen.
00:27:54: Um Schuldzuweisung zu machen, ja.
00:27:56: Es ist ganz oft passiert,
00:27:58: dass ich also bei schwierigen Familienkonstellationen,
00:28:01: wo die Eltern dann auch wirklich sich schwergetan haben,
00:28:05: das Kind, das dann schon volljährig war, loszulassen
00:28:09: und dem auch was zuzutrauen oder zuzumuten auch.
00:28:13: Ich habe ein paar Mal jemanden empfohlen,
00:28:16: sich da mal vielleicht therapeutisch dran zu gehen.
00:28:20: Und dann sind die da hingegangen auf meine Empfehlung hin.
00:28:25: Und sind nach 14 Tagen wiedergekommen.
00:28:28: Jetzt waren wir gerade dabei,
00:28:30: unsere Schuldgefühle so ein bisschen in den Griff zu kriegen
00:28:34: und ein bisschen abzubauen.
00:28:36: Jetzt sind wir wieder in allem Schuld.
00:28:39: Und das ist mehrfach passiert.
00:28:42: Das war schon so in der Arbeit, mit anderen Angehörigen.
00:28:46: Wenn das immer so abläuft,
00:28:48: dann kann das nicht immer nur an den Klienten liegen.
00:28:51: Weil das waren Muster.
00:28:54: Aber wir waren ja noch gar nicht so weit.
00:28:57: Ich war ja dann erst mal da.
00:28:59: Und als ich dann nochmal zur Kur vor und wiederkam,
00:29:02: war die Gruppe eingeschlafen.
00:29:04: Und dann habe ich immer in der Zeitung geguckt,
00:29:07: ob ich nochmal so eine Notiz sehe.
00:29:09: Und im Januar '83 war eine Notiz an der Melanston Akademie,
00:29:17: hat eine Sozialarbeiterin eine Gruppe angeboten.
00:29:21: Ich war dann nicht von der ersten Stunde dabei,
00:29:24: aber da gehe ich hin.
00:29:26: Und die darf nie wieder einschlafen.
00:29:28: Weil das, was ich in der anderen Gruppe erlebt habe,
00:29:31: nämlich diese Befreiung eigentlich auch.
00:29:34: Das dieses Thema Schuldgefühle und an dich selber zu denken.
00:29:38: Ja, und was mir das Kraft gegeben hat.
00:29:41: Es hat uns beiden genützt.
00:29:44: Da habe ich ja, das müssen andere Angehörigen auch erleben dürfen.
00:29:50: Die hat uns dann auch sehr ermutigt und selbstständig zu machen
00:29:54: und den Verein zu gründen.
00:29:56: Das war so der Verein?
00:29:58: Der ist daraus aus dieser Urgruppe entstanden.
00:30:01: Als die Tränen getrocknet waren
00:30:03: und wir mal wieder über den Tellerrand gucken konnten.
00:30:06: Weil die Trauer ist ja wichtig auch, dass man sich erlaubt.
00:30:10: Also rein statistisch müssen noch ganz viele Leute in Köln geben,
00:30:14: die den so gehen.
00:30:16: Wie erfahren die jetzt, dass es uns gibt
00:30:18: und wie gut es uns tut, was wir hier miteinander treiben.
00:30:22: Wir haben so alle paar Wochen mal wieder der Seufzer,
00:30:25: vor allem wenn neue Leute dazukamen,
00:30:27: dass jemand gesagt, also was wir hier miteinander machen,
00:30:30: das kommt auch uns und Kranken so gut.
00:30:33: Also da war immer noch, wir dürfen ja gar nicht für uns sorgen,
00:30:38: sozusagen, wenn es nicht den anderen auch zugutekommt.
00:30:41: Das hat sich Gott sei Dank ausgewachsen.
00:30:44: Und da ich ja aus der Branche komme, habe ich gesagt,
00:30:47: lass mal jemand vom Stadternzeiger kommen.
00:30:50: Und die kam dann auch, hat blöderweise gleich ein Fotografen mitgebracht.
00:30:54: Alle haben geschrien, aber bloß von hinten.
00:30:57: So war das Bild dann auch.
00:31:00: Nachdem das erschienen war, hat das Telefon nicht mehr still gestanden.
00:31:04: Und wir mussten ganz schnell eine zweite Gruppe aufmachen.
00:31:07: Und was worauf ich dann selber sehr stolz war,
00:31:10: wir haben dann im Dezember, also jedenfalls zum Jahresende hin,
00:31:13: hat uns ein Kollege von hier und heute,
00:31:16: ich weiß nicht mehr, wie es ist, vom Fernsehen.
00:31:19: Ich habe gesagt, mach doch mal was.
00:31:22: Und da war es ganz leicht, dass wir fünf Leute zusammengekriegt haben,
00:31:27: die mit dem Gesicht dahin gegangen sind.
00:31:31: Und sich nicht mehr geschämt haben, sozusagen.
00:31:35: Und da haben wir uns vorgestellt, und dann ging das also immer weiter.
00:31:39: Dann sind wir wirklich groß gewachsen.
00:31:41: Und dann haben wir gesagt, ja gut, wir machen ein Verein auch.
00:31:46: Weil wir haben gesagt, das nützt uns jetzt ja wenig,
00:31:50: wenn wir immer nur uns konditionieren und uns fit machen,
00:31:54: um alle Löcher in der Versorgung zu stopfen.
00:31:57: Wie sollen wir denn unsere Kinder oder unsere Erkrankten loslassen,
00:32:01: wenn draußen keiner ist, der sehr auffängt,
00:32:03: wenn es keine gescheite Arbeit gibt, wenn es nichts gibt.
00:32:07: Also auch keine Beratungen stellen oder solche Dinge.
00:32:11: Ja, also, da gab es fast nichts.
00:32:14: Man wusste von nichts.
00:32:16: Und dann hat man gesagt, wir müssen Lobby werden.
00:32:18: Wir müssen überall dahin gehen, wo über unsere Probleme geredet werden.
00:32:21: Und vor allem auch, wo Entscheidungen getroffen werden.
00:32:24: Aber das haben Sie dann schon als Rat und Tat,
00:32:26: eben Frau sozusagen, getragen.
00:32:28: Deshalb haben wir den Verein dann gegründet.
00:32:30: Und dafür braucht man, also,
00:32:33: eine selbstsiefe Gruppe braucht kein Geld.
00:32:36: Eine Kaffeekasse vielleicht.
00:32:38: Und ein Ort, wo sie sich treffen kann.
00:32:41: Aber wenn Sie Öffentlichkeitsarbeit machen wollen,
00:32:44: wenn Sie etwas gegen Vorurteile und so weiter,
00:32:48: und wenn Sie etwas bewirken wollen, dann brauchen Sie schon auch irgendwie nicht.
00:32:52: Müssen Sie auftreten, müssen Sie Institution sein.
00:32:54: Und das kostet ein bisschen Geld.
00:32:56: Und da haben wir gesagt, also müssen wir einen Verein gründen.
00:32:59: Also das sind ja so die zwei Schienen.
00:33:02: Das ist natürlich die Selbsthilfe,
00:33:05: wo es darum geht, in einem bestimmten Kreis zu stärken,
00:33:10: in einer schwierigen Situation zurechtzukommen.
00:33:13: Aber die andere Seite, die ich finde,
00:33:15: zumindest genauso spannend und wichtig,
00:33:17: ist die ja auch als Lobby oder als Perspektive
00:33:21: oder als Sichtbar zu machen, als Angehörige mit nach Stimmen.
00:33:25: Es könnte aber nur, wenn Sie erst die Seelenarbeit hinter sich haben.
00:33:28: Weil solange Sie noch drinnen in den Augen haben,
00:33:31: sehen Sie ja nicht richtig.
00:33:33: Da können Sie ja nicht gucken, was braucht der andere wirklich.
00:33:35: Da machen Sie alles nur, um sich selber zu helfen.
00:33:38: Heiklaus sind alle, die uns zuhören.
00:33:43: Die Sonne scheint, der Frühling scheint sein Blausband durch die Lüfte flattern zu lassen.
00:33:47: Und mich überkommt Italiensehnsucht.
00:33:50: Italianita und alles, was da dran hängt.
00:33:53: Vielleicht liegt es daran,
00:33:55: dass ich gerade eine Biografie über Alberto Giacometti lese,
00:33:58: der in seinen Briefen sehr enthustisch über seinen ersten Venedigaufenthalt schreibt
00:34:02: und vor allem die Bilder Giotto hervorhebt,
00:34:05: die er als seinen wichtigsten Einfluss bezeichnet.
00:34:08: Nun gut, ich sitze am Rechner und nicht auf der Piazza San Marco
00:34:12: und kann nur von Venedig träumen.
00:34:14: Dem einen oder anderen der Zuhörer mag es ähnlich gehen.
00:34:17: Zum Stillen der Italiensehnsucht
00:34:20: oder möglicherweise auch, um sie noch mehr anzuheizen,
00:34:23: stürze ich mich natürlich in Musik.
00:34:25: Deswegen sitze ich ja hier.
00:34:27: Da passt es doch wunderbar, dass die großartige Mina am 25. März Geburtstag hat.
00:34:32: Geboren wurde sie in der Nähe von Cremona, wo sie auch aufwuchs.
00:34:36: Sie lebt heute in Lugano in der Schweiz.
00:34:38: Ulkiger Zufall, das auch der österreichische Sänger Peter Kraus in Lugano lebt,
00:34:43: in dessen Fernsehshow sie 1962 mit dem Lied "Heißer Sand" auftrat.
00:34:48: Kann man auf YouTube sehen und hören.
00:34:50: Der Song von den deutschen Scharfenberger und Fels geschrieben
00:34:54: wurde in mehrere Sprachen übersetzt und war ein internationaler Erfolg für Mina.
00:34:58: In dem Song geht es vermutlich um den Mord in einem Nebenbühler,
00:35:02: nach den Betäter das Land verlassen muss und möglicherweise in die fremden Legionen flieht.
00:35:07: Interessantes Thema für einen deutschen Schlager,
00:35:10: auch wenn vieles nur andeutelnd ist und wenig konkret.
00:35:13: Die Tigerin aus Cremona, wie Mina genannt wird,
00:35:16: sorgte 1963 auch für einen Skandal, als sie ein Kind von ihrem damaligen Freund bekam,
00:35:21: der zu dem Zeitpunkt noch mit einer anderen Frau verheiratet war.
00:35:25: Im Italien Anfang der 60er Jahre brachte er das eine Anzeige wegen Konkubinats ein.
00:35:31: Konkubinat, ob das in unserem Recht auch verankert ist oder war?
00:35:36: Kurz darauf gründete sie ihr eigenes Plattenlabel
00:35:39: und veröffentlichte in der Folge jedes Jahr ein neues Album,
00:35:42: gerne auch ein Doppelalbum, bei dem eine LP Live-Aufnahmen enthielt.
00:35:47: Musikalisch zählt sie in Italien zu den sogenannten Urlatori den Schreihelzen.
00:35:52: Stilistisch sang sie sowohl Kanzone als auch Rock, Pop, Rhythm & Blues und Jazz.
00:35:57: Ihre Texte griffen immer wieder sozialkritische Themen auf,
00:36:01: was sie zu einem Symbol der Frauen bewegen, wie sie in Italien machte.
00:36:04: Neben eigenen Radio- und TV-Shows spielte Mina auch in Filmen mit.
00:36:08: Sie arbeitete mit vielen Großen aus der italienischen Musikszene zusammen,
00:36:12: somit Luccio Battisti und Adriano Ccellentano und Ennio Morricone.
00:36:16: Seit Ende der 70er Jahre hat sie sich weitestgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen,
00:36:21: veröffentlicht aber weiterhin Alben.
00:36:23: So viel für heute. Ciao ragazzi alla prossima volta und bleibt uns gewogen.
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00:44:12: truss Arividacci.